Das G8-Abitur war die am heftigsten diskutierte und am schärfsten kritisierte Bildungsreform der letzten Jahre. Die Verkürzung des Gymnasialbesuchs von neun auf acht Jahre rief Schüler, Lehrer und Eltern gleichermaßen auf den Plan. Einerseits fürchtete man einen Qualitätsverlust, da bisher vermittelte Inhalte aus dem Lehrplan gestrichen werden mussten. Andererseits stellte sich die Frage, ob das verkürzte Lernen sich durch die höhere Belastung auf die Gesundheit der Schüler auswirken würde, da nun durchschnittlich drei zusätzliche Unterrichtsstunden Platz im Wochenplan der Kinder finden mussten.

Schlimmsten Befürchtungen nicht eingetreten

Vor allem der zusätzliche Stress, den man durch das „Turboabitur“ auf die Schüler zukommen sah, war für viele Anlass zur Kritik. Die verkürzte Lernzeit würde die Schule zum einzigen Lebensinhalt der Jugendlichen machen. Für gerade in dieser Entwicklungsphase wichtige Dinge wie Freunde, Familie und Hobbys bliebe dann kaum Zeit. Neben psychischen Problemen könne der größere Stress auch zu körperlichen Krankheiten führen, so die Argumentation der Kritiker. Tatsächlich haben sich diese Befürchtungen nicht bewahrheitet. Studien konnten belegen, dass Turbo-Abiturienten im Vergleich zu Absolventen des ein Jahr längeren G9-Abiturs nicht häufiger an Stresssymptomen wie Kopfschmerzen leiden.

Eltern und Schüler sind gefragt

Dennoch wurden in den Medien immer wieder anders lautende Einzelfälle zu Tage gefördert, die beispielsweise von bisher unüblichem Unterricht bis in die frühen Abendstunden zu berichten wussten. Die Schuld dafür allein bei der Schulreform zu suchen, greift aber zu kurz. Tatsächlich liegt die Verantwortung über die Ausgestaltung der Stundenpläne allein bei den Schulen. Werden beispielsweise Hauptfächer in die Nachmittagsstunden gelegt, können Eltern bei der Schulleitung Beschwerde einlegen und ihre Kinder so vor unnötigen Belastungen schützen.

Für die Schüler ist es hingegen wichtig, den Tagesablauf bewusst zu gestalten und die schulischen Verpflichtungen nicht zum einzigen Inhalt der freien Zeit werden zu lassen. Dazu gehört auch, Leerlaufzeiten effektiv zu nutzen. So sind beispielsweise Freistunden in der Sekundarstufe II keine Seltenheit und häufig der Grund für lange Nachmittage in den Unterrichtsräumen. Wird hier schon ein Teil der Hausaufgaben erledigt, bleibt nach der Schule mehr Zeit für Freunde, Familie und Hobbys.

Weitere Anpassungen sind geplant

Auch wenn Eltern und Schüler viel dafür tun können, die Belastungen niedrig zu halten, sind sich die Verantwortlichen der Probleme bewusst und arbeiten an Lösungen. Vom Schritt zurück zum Abitur in 13 Jahren nimmt man allerdings Abstand. Stattdessen sollen zukünftig Lehrinhalte gekürzt und mehr Förderangebote für schwächere Schüler bereitgestellt werden. Orientierung bieten hier Sachsen und Thüringen, die nach der Wende das in der DDR üblichen Abitur nach zwölf Schuljahren beibehielten und im bundesweiten Vergleich sehr gute Ergebnisse erzielen.